Dienstag, 4. März 2008
03. 03. 2008
3.3.08, 08:30
Die brasilianischen Hähne sind irgendwie falsch programmiert, denn sie beginnen schon um 4.00 Uhr zu krähen, obwohl es noch stockdunkel ist. Um 4.30 dann ein Heulkonzert sämtlicher ortsansässiger Hunde. Mein Bett ist mindestens 10 cm zu kurz (vermutlich ist das nur 1,80 lang) und so schmal, dass ich bei jedem Umdrehen fürchte, ich falle heraus. (mit mir sieht das Bett übrigens so aus:) Und mein Kopfkissen ein steinharter riesiger Klumpen, bei dem man sofort eine aktute Genickstarre bekommt, wenn man sich drauflegt. Aber so ist das nun mal in einer Klause, und es geht ja um ganz anderes hier. Übrigens das Duschen war auch ein kleines Abenteuer, aber nach 5 Minuten rinnenlassen kam sogar wirklich ein wenig warmes Wasser aus der Leitung. Dafür das „ganze“ Bad überschwemmt. Das Frühstück im Stil des Hauses spartanisch, aber immerhin mit frischen Ananas, Bananen und Papayas. Beim Frühstück hab ich die „französische“ Gruppe ein wenig kennengelernt, die sich dann mittlerweile als schweizer Gruppe herausgestellt hat. Aber die französischen Schweizer können (bzw. wollen) ja überhaupt nicht Deutsch sprechen, also mußte ich meine etwas verrosteten Französisch-Kenntnisse aktivieren. Die Gruppe ist schon seit 2 Wochen da und bleibt noch eine weitere Woche. Mein Zimmernachbar hat mir erzählt, dass er eine sichtbare Operation hatte, bei dem ihm die berühmte Schere in die Nase eingeführt wurde. Er konnte es selbst kaum glauben, aber er hat es gut überlebt und es fühlte sich ganz seltsam an – es geht ihm aber sehr gut danach. Und er hat für eine Freundin in der Schweiz um eine unsichtbare OP „in Vertretung“ gebeten (das ist möglich, man kann praktisch seinen Körper zur Verfügung stellen, wenn man kräftig genug ist), die – wenn ich es richtig verstanden habe – irgendeine Art von Aterienkrankheit hat (Ateriosklerose?). Er sagte es fühlte sich, wie wenn ein Scanner durch seinen Körper fuhr und in den Aterien die ganzen Verstopfungen auflösen würde. Wie gesagt, etwas unter Vorbehalt, da mein Französisch im Moment nur für die Basiskonversation taugt und so spezielle Dinge dann eher mühsam sind. Heute scheint wieder die Sonne und ich denke, dass es ein warmer Tag wird! Im Garten ist ein großer Käfig mit einem grünen Papagei. Der liebt es, wenn man ihm so eine bestimmte Grassorte pflückt. Es sieht total stark aus, wenn er mit seinen Krallen dann den Grashalm umklammert, er kann seine Krallen wie eine Hand benutzen, das hab ich noch nie gesehen. Die Gruppenführerin der Schweizer Gruppe spricht sehr gut Deutsch (vielleicht ist sie sogar Deutsche), denn sie hat mich gestern abends in der Pizzeria auf mein Buch angesprochen (ich lese gerade das Buch von Claudia und Lois „Jetzt“) und meinte, dass das ein ganz tolles Buch sei. Vielleicht bekomme ich von Ihr ja noch ein paar weitere Informationen. Die Gruppenmitglieder haben sich sehr begeistert über ihre Gruppenführung geäußert.
Nach einiger Zeit im Garten – der sieht übrigens so aus: (ich übe mich zur Zeit darin, einfach da zu sitzen und möglichst alle Gedanken, die so kommen aufzuschreiben. Ist eine interessante Übung und kanalisiert vor allem die Gedanken) hab ich dann noch einen Ausflug in die Casa gemacht. Heute war schon etwas mehr los. An den verschiedenen Plätzen im wunderschönen Garten und auch in der Haupthalle sitzen Leute und meditieren. Es ist eine ganz angenehme Stimmung dort und wenn man sich hinsetzt und meditiert ist das eine unwahrscheinliche Ruhe und ich spüre durch meine Hände eine Art Wärme pulsieren. Allerdings hab’ ziemlich mit meinen Gedanken zu kämpfen, die sich dauernd in den Vordergrund drängen.

Als ich aus der Casa rauskomme jagen die versammelten Dorfhunde einer armen Kuh auf der Straße hinterher. Scheint aber keinen zu interessieren und als die Kuh nach einiger Zeit keine Lust mehr hat und einfach stehen bleibt, ziehen die Hunde auch wieder ab. Das Mittagessen gibt es heute in meiner Pousada, ich bin schon gespannt, ob es wirklich so gut ist, wie es heißt (die Pousada wird im Internet als die Pousada mit dem besten Essen gerühmt, nicht zuletzt deshalb bin ich auch dahin gegangen…).

Es gibt ein Buffet mit einer recht netten Salatauswahl und dann als warme Gerichte Reis und Gemüse (Bohnen und so eine Art Kürbiseintopf), sowie zwei Fleischsorten. Ich habe beschlossen, erstmal vegetarisch zu essen. Schmeckt gut! Als Nachspeise dann Obstsalat. Die Früchte in Brasilien sind wunderbar!! Kurz nach dem Mittagessen setzt ein tropischer Sturzregen ein und dauert bis knapp 16.00 Uhr. Die Luftfeuchtigkeit ist so hoch, dass die gesamte Wäsche klamm ist und sich bei meinen Büchern die Seiten wölben. Auch mein Notebook ist richtig feucht, mal sehen wie lange es das mitmacht. Nachdem der Regen sich dann doch scheinbar verzogen hat, wage ich mich wieder auf die Straße. Diesmal zieht es mich auf die andere Seite des Dorfes, über die Nationalstraße. Hier sieht es ganz anders aus, viel „brasilianischer“ als in der Nähe der Casa. Da hat sich doch schon alles an die westlichen Touristen angepaßt ist und ist verhältnismäßig rausgeputzt. Ich erwerbe eine Telefonkarte und rufe Anne von einem öffentlichen Fernsprecher an. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich zum letzten Mal in meinem Leben einen öffentlichen Fernsprecher benutzt habe. Hier stehen die noch massenhaft (fast alle paar Meter), haben aber keine geschlossene Kabine, sondern nur so eine Art Muschel. Hinter mir ein Geflügelhändler mit einem rostigen Drahtverschlag in diesem sich ohne Ende Hähne und Hühner drängen. Ein paar sind auskommen, die laufen jetzt einfach so auf der Straße rum. Vorne an der Straße steht einer mit einigen Vogel Sträußen (oder sagt man Straußen?), die er zu verkaufen versucht. Aber wie überall in Brasilien: die Menschen sind extrem freundlich – im Umgang miteinander und auch wenn man sie etwas fragt. Allerdings ist leider mein Brasilianisch noch viel zu wenig, ich kann gerade so das nötigste ausdrücken und verstehen. Danach setze ich mich in eine Bar und trinke einen Acai-Shake. Soll ja so gesund sein.
Ein kleiner Ausflug in die Casa mit einer knappen Stunde Meditation rundet dann den Tag ab, bevor es das Abendessen in meiner Pousada gibt. Abends wird richtig aufgekocht und es gibt wirklich ein tolles Essen. Ganz besonders lecker eine Art Auflauf mit Mais (wie ich später erfahre ist auch Huhn drin, also im Moment doch nichts mit vegetarisch essen…). Zum Nachtisch eine Maracuja-Creme. Beim Abendessen erzählt mir eine Frau aus der Schweizer Gruppe, dass sie auch wegen Krebs hier ist. Sie hat vor 5 Jahren Brustkrebs bekommen, sich aber gegen die Chemotherapie entschieden und ist statt dessen hierher gekommen – damals ist auch alles weggegangen und sie war dann 2004 nochmals hier, hat allerdings keine Behandlung (sondern nur Meditation) verschrieben bekommen, weil alles in Ordnung war. Danach hat sie wieder begonnen zu arbeiten – und hatte auch wohl eine ziemliche stressige Arbeit und alle guten Vorsätze vergessen, und schließlich ein Rezidiv bekommen. Jetzt ist sie hier, um das Rezidiv zu behandeln und hatte schon zwei Operationen. Zugleich hat sie sich entschlossen, ihre Arbeit aufzugeben. Interessante Parallele…. Ich bin mittlerweile ganz gut in die französische Gruppe integriert, wenngleich es schon sehr anstrengend ist, der Konversation zu folgen, muss mich unheimlich konzentrieren, damit ich mitbekomme, worüber sie reden. Aber es geht immer besser. Die Gruppenleiterin (Julia) hat erzählt, dass sie 3 Monate lang auch nichts gegessen hat (Prana-Ernährung nennt man das), dann aber aus sozialen Gründen wieder begonnen hat, zu essen. Wenn man Familie hat und normale Sozialkontakte ist es ziemlich schwierig, immer nur bei einem Glas Wasser zu sitzen und man wird den Leuten irgendwann so unheimlich, dass man nicht mehr eingeladen wird. Aber sie fand es als Selbsterfahrung äußerst wertvoll. So, jetzt werde ich versuchen die Blogg-Texte hochzuladen, das ist hier mit dem Wireless-Lan gar nicht so einfach, ich muss mich dafür in die Garage setzen, damit ich nahe genug beim Access-Point bin.

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Gute Idee der Blog
Hallo Thomas,

finde die Idee mit dem Blog super. So bleiben wir alle am Laufenden. Bin gerade im Zug von Wien nach Salzburg und habe die ersten Beiträge sehr interessiert gelesen. Das hört sich alles sehr interessant an und vieles fast unglaublich - aber das scheint wohl vielen so zu gehen, die erst mal in die Materie eintauchen.

Übrigens, der Frosch und der Käfer, die hätten mich schon auch noch interessiert. Aber naja, Dein Upload wird wohl nicht allzu gut sein. ;-)

Bin schon gespannt auf die nächsten Beiträge und sende Dir ganz liebe Grüße

Paul

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Hallo Paul
leider hatte ich natürlich in dem Moment meine Kamera nicht dabei. Und heute, wo ich sie immer mitgeschleppt hatte, natürlich nichts dergleichen zu sehen, nur eine etwas überdimensionale Eidechse, die lad' ich dann bei Gelegenheit hoch!

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